Eine (Paar-)Beziehung auf Augenhöhe - das klingt für viele von uns vermutlich erstmal sehr verlockend und erstrebenswert. Leicht assoziieren wir diese Variante von Beziehungsgestaltung mit Gleichberechtigung, ge- und erlebter Unterstützung, erfüllter Sexualität und ähnlichem. Doch ist es das, was es wirklich meint, bedürfnisorientiert zu lieben? Wir möchten heut gern einladen zu einem kleinen Gedankenexperiment, um einzutauchen in die bedürfnisorientierte, wohlwollende Liebe. Wie könnte sie aussehen, diese (Paar-)Beziehung auf Augenhöhe?
Werfen wir zunächst einen (unvollständigen) Blick auf das ICH im WIR. Ich begegne mir selbst mit bedingungsloser Fürsorge und lebe in dem Wissen, dass ich allein meine Gefühle verursache. Ich erkenne innere Verhärtung, verbinde mich selbst auf natürliche Weise mit mir und öffne mich in Situationen von Druck und Dringlichkeit. Ich bin stetig auf der Suche nach Lern- und Wachstumsfeldern. Ich pflege meine lebensdienliche Energie und erlebe mich daher als energetisiert durch die Förderung von Körper, Geist, Seele und Gemeinschaft. Dominanzstrukturen und Rollen(-erwartungen) sind mir fremd denn ich lebe geerdet und zentriert als Gestalter*in meines Lebens.
Was für ein DU passt zu diesem ICH? Mein Partner / meine Partnerin begegnet sich selbst mit bedingungsloser Fürsorge und lebt für seine / ihre Gefühle. Er / Sie erkennt innere Verhärtung, verbindet sich selbst auf natürliche Weise mit sich und öffnet sich in Situationen von Druck und Dringlichkeit. Er / Sie ist stetig auf der Suche nach Lern- und Wachstumsfeldern. Mein Partner / meine Partnerin pflegt seine / ihre lebensdienliche Energie und erlebt sich als energetisiert durch die Förderung von Körper, Geist, Seele und Gemeinschaft. Dominanzstrukturen und Rollen(-erwartungen) sind ihm / ihr fremd denn mein Partner / meine Partnerin lebt geerdet und zentriert als Gestalter*in seines / ihres Lebens.
Was ist möglich für uns als WIR vor diesem Hintergrund? Wir erleben unsere Bedürfnisse als integral verbunden mit den Bedürfnissen des Partners / der Partnerin. Wir kommunizieren mit Authentizität und Empathie und unterstützen mit allem was wir tun uns selbst individuell, uns als Paar und auch andere darin, in Verbindung zu kommen. Wir erleben uns in einer entspannten Wachheit in Bezug auf das, was im Moment geschieht und können unsere Gefühle mühelos erkennen, akzeptieren und auch zulassen. Wir leben in dem Bewusstsein, dass alles was wir tun, ein Versuch ist, zu überleben und zu wachsen. Dies impliziert auch eine hohe Bereitschaft, danach zu fragen, was man möchte, NEIN zu sagen und auch NEIN empathisch zu hören. Nähe und Distanz sind in diesem Rahmen ständig neu abzustimmende Bedürfnisse, denen wir mit Offenheit begegnen gegenüber dem was jetzt ist, um eine vollständige Verbindung zu der Ganzheitlichkeit des Lebens zu ermöglichen. In der Begegnung mit den Erfahrungen anderer erleben wir uns als natürlich konzentriert und aktiviert, mit bedingungsloser Akzeptanz der eigenen Person denn wir denken, sprechen und handeln in Mitgefühl und Respekt zum Wohle aller. Wir zeigen uns verletzlich und uns sind jedermanns Bedürfnisse kostbar. Wir sind offen für das Ergebnis. Wir sind uns bewusst, dass unser Gegenüber jeweils nur aus seiner / ihrer Sicht sprechen kann und auch aus diesem Grund ist Feedback lediglich eine Information, die wir mit Klarheit und Wahlfreiheit empfangen dürfen. Konflikte (denn diese werden nicht ausbleiben) werden als Chancen betrachtet und zur Transformation genutzt, um einvernehmliche Lösungen zu finden. Daher bleiben wir offen, neugierig und kreativ bezüglich unterschiedlicher Sichtweisen, die Gelegenheiten sein können, um unser Bewusstsein zu erweitern und ggf. wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Freude, Leichtigkeit, Anerkennung und (Selbst-)Wertschätzung sind integrale Bestandteile unseres Alltags, denn alles was geschieht betrachten wir als Impuls für Wachstum, Kreativität und Einfallsreichtum. Wir handeln aus einer wertschätzenden Haltung gegenüber den Bedürfnissen aller und genießen die Klarheit über die Eigenverantwortung anderer für ihr Leben. So können wir (individuell wie auch kollektiv) an der Schaffung und Verbesserung von Systemen mitwirken, die nachhaltig dem Allgemeinwohl dienen.
Wie klingt das für Dich? Ist das zu wenig Liebe, Sehnsucht, Herzschmerz, Seelenverwandtschaft und zu viel Selbstbestimmung, Eigenverantwortung auf dem (gemeinsamen) Weg zu einem neuen Miteinander mit allen Menschen? Was bedeutet es für Dich, bedürfnisorientiert zu lieben?
Übrigens: „GFK in Liebesziehungen“ ist auch ein Thema auf den GFK-Tagen 2023 in Erfurt. Sebastian Podleska präsentiert dort seine Perspektiven auf uns als soziale Wesen, die nichts mehr berührt als Beziehungen zu den Menschen, die wir in Liebe erkennen. Einerseits sehnen wir uns danach, in unserer Ganzheit wahrgenommen und angenommen zu sein und andererseits liegen in unseren Liebesbeziehungen oft unsere größten und tiefsten Wunden offen. Wie wir zurückfinden zu dem unschätzbaren Potenzial an Glück, Geborgenheit und Frieden, das in Beziehungen verborgen liegt, darauf geht Sebastian am 06.10.2023 ein. Weitere Infos unter https://gfk-erfurt.org/thueringer-gfk-tage-2023/
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